
Europäische Verordnungen für nachhaltige Finanzen
Kapitalrisiko. Der Wert von Anlagen und die damit erzielten Erträge können ebenso gut sinken wie steigen und sind nicht garantiert. Es besteht deshalb die Möglichkeit, dass ein Anleger den ursprünglich investierten Betrag nicht vollständig zurückerhält.
In den letzten Jahren begann eine tiefgreifenden Umschichtung von Kapital in nachhaltige Anlagen:1 Diese erlebten Zuwächse, die sechsmal höher waren als bei traditionellen Lösungen. Zurzeit beläuft sich das weltweit in ESG-Strategien verwaltete Vermögen auf 4 Billionen US-Dollar (ESG = Environmental, Social, and Governance; auf Deutsch: Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung).2 Unserer Ansicht nach wird dieses Wachstum im laufenden Jahr und darüber hinaus weiter an Tempo zulegen. Um sich in diesem dynamischen Umfeld zurechtzufinden, benötigen Anleger neue Richtlinien, Begriffsbestimmungen und Konzepte. Da Organisationen und Regierungen sich zunehmend um die Regulierung des Marktes bemühen, wird das Umfeld komplexer. Immer mehr EU-weite, aber auch länderspezifische Vorschriften treten in Kraft oder werden angekündigt. Da aber andererseits die Umsetzung der Vorschriften noch nicht ausreichend standardisiert ist, wächst die Sorge, dass dies der Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit Steine in den Weg legen könnte. Ein so komplexes Umfeld zu meistern kann eine Herausforderung sein. Andererseits bietet ein solch dynamisches Szenario Anlegern auch die Chance, sich in der Übergangsphase an die Spitze des Wandels zu stellen. Im Folgenden konzentrieren wir uns auf besonders wichtige Aspekte dieser Entwicklung. Damit möchten wir dazu beitragen, dass der Wandel für Sie transparenter wird, sodass Sie sich vorbereiten und Anpassungen umsetzen können.
Quellen
1 https://www.blackrock.com/corporate/insights/blackrock-investment-institute/publications/sustainability-in-portfolio-construction
2 Quellen: Morningstar, Simfund, Broadridge. Die Daten beziehen sich auf nachhaltige Investmentfonds, ETFs sowie in institutionellen und alternativen Anlagen verwaltetes Vermögen, wie von Datenquellen von Drittanbietern definiert, ohne besondere Kennzeichen für ESG-Integration oder -Engagement. Die Fondsdaten beziehen sich auf den Zeitraum ab Oktober 2021, Daten für institutionelle und alternative Anlagen ab Juni 2021.
BlackRock ist davon überzeugt, dass der verstärkte regulatorische Wandel die Einführung nachhaltiger Anlagen massgeblich unterstützt. Die neuen Vorschriften lenken den Blick der Kunden und ermöglichen den Vergleich unterschiedlicher nachhaltiger Produkte.
Aktionsplan für nachhaltiges Finanzwesen
Der EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums (englisch: Sustainable Finance Action Plan) ist eine Initiative der EU, die nachhaltige Investitionen fördern soll.
Der Aktionsplan wurde erstmals 2018 vorgestellt und zielt auf zehn Reformvorhaben in folgenden drei Schwerpunkten:
01
Umlenkung der Kapitalströme in nachhaltige Investitionen, um ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen
02
Einbeziehung von Nachhaltigkeit in das Risikomanagement
03
Förderung von Transparenz und Langfristigkeit in Finanzwesen und Wirtschaft
Die Umsetzung des EU-Aktionsplans umfasst folgende Regularien und Richtlinien:
Im März 2021 trat die erste Phase der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR; auf Deutsch: Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten) der Europäischen Union in Kraft. Damit wurde europaweit ein Rahmenwerk eingeführt, das darauf zielt, nachhaltige Investitionen zu erleichtern, die Transparenz an den Finanzmärkten zu erhöhen und die aufsichtsrechtlichen Offenlegungspflichten von im europäischen Wirtschaftsraum tätigen Finanzmarktteilnehmern zu standardisieren. Diese erste Phase der SFDR führte hohe Anforderungen auf Basis der formulierten Prinzipien ein. Unternehmen, auf die die Verordnung zutrifft, müssen alle entsprechenden Produkte und Mandate nach Kategorien ordnen und je nach Klassifizierung die erforderlichen Angaben machen. Für Produkte nach Artikel 8 und 9 sind zusätzliche Offenlegungspflichten gefordert.
Finanzmarktteilnehmer müssen zudem erläutern, wie sie bei der Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in Anlageentscheidungen und -empfehlungen vorgehen, und Verlustrisiken klar benennen. Die Verordnung definiert das Nachhaltigkeitsrisiko als Ereignis oder Szenario, das von ökologischen, sozialen oder die Unternehmensführung betreffenden Faktoren befördert wird und sich tatsächlich oder potenziell erheblich negativ auf den Wert einer Anlage auswirken könnte. In Bezug auf einzelne Produkte erhalten Anleger in vorvertraglichen Informationen nähere Erläuterungen, zudem wurden Nachbesserungen bei den Berichtspflichten im Prospekt vorgenommen und zusätzliche Offenlegungspflichten in den Finanzberichten eingeführt.
Gemäss SFDR sind Produkte in 3 verschiedene Kategorien einzuteilen:
Produkte, die ökologische ("E") oder soziale ("S") Merkmale fördern und die in Firmen und Institutionen investieren, die die Vorgaben einer guten Unternehmensführung („G“) erfüllen.
Produkte, die auf nachhaltige Anlagen zielen und in Titel investieren, die gute und verantwortungsvolle Praktiken verfolgen.
Die Umsetzung der Phase 2 der EU-Offenlegungsverordnung wurde im Dezember 2021 auf den 1. Januar 2023 verschoben. Die Verpflichtungen der Stufe 2 sehen vor, dass die Finanzmarktteilnehmer über freiwillige Offenlegungen hinaus dazu verpflichtet sind, über die 18 wichtigsten nachteiligen Auswirkungen (engl. Principal Adverse Impacts Statement, PAIS) zu berichten. Nähere Erläuterungen zu diesen Anforderungen stehen noch aus.
Die MiFID-Anforderungen in Bezug auf die Eignung bestimmter Produkte sollen sicherstellen, dass Anbieter vor der Anlageberatung und -entscheidung berücksichtigen, ob ihre Produkte für die Ziele ihrer Kunden, insbesondere für deren Risikotoleranz und Zeithorizont, geeignet sind. Ab dem 22. August 2022 werden diese Eignungsanforderungen auf Unternehmensebene aktualisiert, um die ESG-Präferenzen der Kunden einzubeziehen, und die MiFID-II-Richtlinie entsprechend angepasst. zusammen.
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ist Teil eines Netzwerks, zu dem auch die nationalen Finanzmarktaufsichtsbehörden der einzelnen EU-Mitgliedstaaten, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) gehören. Die ESMA zielt darauf, die Nachhaltigkeitspräferenzen von Kunden bei Anlagevorhaben bereits in der Orientierungsphase einzubinden. Finanzdienstleister werden aufgefordert, ihre Prozesse zur Erstellung von Kundenprofilen zu überprüfen, Beratung anzubieten und zu bewerten, ob ESG-Faktoren angemessen integriert sind. Diese und weitere Kontrollmechanismen sollen sicherstellen, dass das Anlageprodukt, das Kunden angeboten wird, mit ihren vorab festgelegten ESG-Präferenzen übereinstimmt.
Am 22. November 2022 wird eine weitere Neuerung in Kraft treten, die eine verpflichtende Einbeziehung von Nachhaltigkeitsüberlegungen und Zielmarktbewertungen in die Produktgestaltung vorschreibt.
Die am 12. Juli 2020 in Kraft getretene EU-Taxonomie ist das weltweit erste Klassifizierungssystem, das es erlaubt, Wirtschaftstätigkeiten nach ihrer Nachhaltigkeit einzuordnen. Sie enthält eine Liste ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten. Dadurch gibt sie Unternehmen, Investoren und politischen Entscheidungsträger geeignete Definitionen an die Hand, um zu klären, welche Wirtschaftstätigkeiten als nachhaltig eingestuft werden können.
Aktuell bezieht sich die Berichtspflicht nur auf die Klimaziele. Wenn die EU 2022 den entsprechenden Delegierten Rechtsakt erlässt, wird die Berichtspflicht ab dem 1. Januar 2023 auf alle anderen Ziele ausgedehnt.
Die EU-Taxonomie schafft Sicherheit für Investoren und schützt sie vor dem sogenannten Greenwashing, das heisst davor, dass Anleger in vermeintlich grüne Finanzprodukte investieren, die aber in Wahrheit die Standards für nachhaltige Investments nicht erfüllen und Anleger mit verfälschten Umweltdaten in die Irre führen. Ausserdem hilft sie Unternehmen, sich klimafreundlicher aufzustellen, verringert die Marktfragmentierung und trägt dazu bei, Investitionen in wirklich nachhaltige Projekte umzulenken. Dies ist letztlich ein Beitrag zu dem übergeordneten Zeil der EU, den europäischen Green Deal voranzubringen und Europa bis 2050 kohlenstoffneutral zu machen.
Die EU-Taxonomie identifiziert sechs Umweltziele.
01
Klimaschutz
02
Anpassung an den Klimawandel
03
Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
04
Übergang zur Kreislaufwirtschaft
05
Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung
06
Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme
Die Verordnung etablierte ausserdem die Internationale Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen (IPSF). In dieser Organisation arbeiten Experten aus dem öffentlichen und privaten Bereich zusammen, um gemeinsam weitere Strategien und Instrumente für ein nachhaltiges Finanzwesen zu entwickeln.